5.8.11

Demokratie am Wendepunkt
Gefährdete Volksherrschaft in Europa
Noch vor einiger Zeit war für die Deutschen im Westen die Welt noch in Ordnung. Die kommunistische Diktatur war der Feind, den es zu bekämpfen galt. Dann fiel die Mauer, der Feind war überall und der kritische Blick richtete sich plötzlich auf uns selbst. Im Deutschland des Jahres 2010 fragen sich nun immer mehr Menschen, ob es den Vertretern unserer gemeinsamen Demokratie noch um unser aller Wohl geht.
Vielen Bürgern nahm die Bundesregierung mit einem 80 Milliarden-"Sparpaket" die Grundlage für eine gesicherte Existenz. Auch Arbeitslosen- und Elterngeld sollen gekürzt werden und Hartz-IV-Empfängern werden Renten und Heizkostenzuschüsse gestrichen. Hohe Steuer- und Sozialabgaben machen die Mittelschicht immer ärmer und immer mehr Menschen fühlen sich vom Staat verlassen. Denn auf der anderen Seite gibt es Geschenke für die Reichen in Form von Abschreibungsmöglichkeiten und Steuersenkungen.

Macht, Einfluss und Profit prägen das Land
Mehr als 500 Milliarden Euro wurden für die Banken und die Manager ausgegeben, die für die Wirtschaftskrise verantwortlich sind. Auch die Investmentbanker bekommen weiterhin ihre Boni in Millionenhöhe. Wenn - trotz aller Proteste - Energie- und Pharmakonzerne immer wieder ihre wirtschaftlichen Interessen durchsetzen, scheint es so, als würde purer Lobbyismus Deutschland beherrschen. Vielleicht geht es in Deutschland 2010 doch eher um Macht, Einfluss und Profit.

Auch der Bundespräsident, der oberste Repräsentant Deutschlands, ist nicht der, den das Volk gewählt hätte. Er ist alles andere als überparteilich und sicher kein Störfaktor für die Machenschaften der Regierungsklasse. Auch das vereinte Europa scheint nicht sonderlich demokratisch zu sein. In Brüssel beispielsweise beschließt man die Gesetze hinter verschlossenen Türen, die die einzelnen Demokratien dann umsetzen müssen.

Blick auf Italien, Frankreich und Russland
In Italien hält Ministerpräsident Silvio Berlusconi das Medienmonopol seines Landes in der Hand und schafft es damit spielerisch, regierungskritische Stimmen außer Gefecht zu setzen. Wenn er wegen Steuerhinterziehung und Korruption angeklagt wird, ändert er eben die Gesetze. Nicolas Sarkozy, der Staatspräsident Frankreichs, wollte kürzlich seinem Sohn Jean eine Blitzkarriere zuschanzen. Gerade mal 23 Jahre alt, ohne Studienabschluss und nennenswerte Qualifikation, sollte Jean Sarkozy das Zepter in Frankreichs größtem Geschäftsviertel "La Défense" schwingen.

Auch Wladimir Putin steht nicht für Demokratie und Pressefreiheit. Seit seinem Amtsantritt 2000 wurden in Russland 14 kritische Journalisten kaltblütig ermordet oder starben auf mysteriöse Weise. Das prominenteste Beispiel ist Anna Politkowskaja. In Russland hat sich seit dem Kalten Krieg offensichtlich kaum etwas geändert. Manchmal scheint es so, als würden auch wir in Deutschland nicht mehr in einer Demokratie leben, sondern von Populisten, Parteien und Konzernen regiert.

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