19.2.11

VERBOT

Freitag, 18. Februar 2011

Stadt verbietet Neonazi-Marsch erneut


Nachdem die Stadt von Richtern gerüffelt wurde, sollen nun doch drei Kundgebungen der Neonazis erlaubt sein. Verteilt "südlich vom Hauptbahnhof". Ein Marsch sei aber angesichts von bis zu 20.000 Gegendemonstranten nicht zu verantworten. Die Rechten legen dagegen erneut Widerspruch ein.

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Die Ablehung ist groß. An vielen Gebäuden wie hier am Schauspielhaus hängen Plakate gegen den Neonazi-Aufmarsch in Dresden. Foto: dpa

Dresden. Nach dem juristischen Teilsieg für die Neonazis verzichtet die Stadt Dresden auf den Gang zum Oberverwaltungsgericht Bautzen und hat dafür neue Auflagen für die Kundgebungen der Rechtsextremen verfügt. So sollen alle drei Antragsteller am Sonnabend "separate stationäre Kundgebungen südlich des Hauptbahnhofs durchführen" können, heißt es in einer Pressemitteilung. Ein Marsch wird aber erneut verboten. "Aufgrund der Gefährdungsprognose der Polizeidirektion" sei der nicht zu verantworten.

Zudem teilte die Stadt mit, dass zwei der rechten Anmelder bereits gerichtliche Schritte eingeleitet haben. Diese Beschwerden müssten nun erneut vom Verwaltungsgericht Dresden behandelt werden, weil es sich um neue Versammlungsbescheide handelt. Mit Urteilen wird dabei erst am Sonnabendmorgen gerechnet.

Bereits am Freitagmittag hatte das Gericht den ersten Plan der Stadt, den Neonazis trotz dreier Antragsteller nur eine Kundgebung in Dresden-Cotta zu genehmigen, als nichtig erklärt.

Obwohl es nach den neuen Auflagen der Stadt keinen Marsch geben soll, hat die Polizei eine logistische Meisterleistung zu erbringen. Die Größe der Aufgabe wird an den erwarteten Teilnehmerzahlen deutlich. Die Polizei rechnet mit etwa 4.000 Rechtsextremen aus Deutschland und dem Ausland. Zudem werden bis zu 20.000 Gegendemonstranten aus allen Teilen Deutschlands erwartet. Das Ziel des Bündnisses "Dresden nazifrei" ist es, die Aufzüge zu blockieren. Sprecher kündigten zuletzt immer wieder an, dabei keine Eskalation mit der Polizei zu suchen. Allerdings erwartet die Einsatzleitung auch etwa 3.000 Linksautonome in der Stadt. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort, um beide Lager trennen. Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) appellierte, ohne Gewalt zu demonstrieren.

Sorge vor Gewalttätern

Die Dresdner Polizei hatte schon zuvor darauf verwiesen, dass Versammlungen an mehreren Orten nur schwer abzusichern sind. Da am Samstag brisante Bundesliga-Spiele anstehen, könne die Polizei nicht unbegrenzt auf Beamte aus anderen Bundesländern zurückgreifen. „Die Gefahr, dass von beiden Seiten gewalttätig vorgegangen wird, ist sehr hoch“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Heinz Fromm, im „Tagesspiegel“ und sprach von einer „außerordentlich schwierigen Situation für die Polizei“. Bereits seit dem Mittag läuft der Einsatz. So werden an den möglichen Demoorten der Neonazis Gitter bereitgestellt.

DGB-Aktion in Altstadt verboten

Während Parteien, Gewerkschaften und zahlreiche Vereine zum friedlichen Widerstand gegen die Neonazis aufriefen, entzündete sich zugleich eine Debatte über die Auslegung von Grundrechten. Das Verwaltungsgericht Dresden hatte seine Eilentscheidung zu den Aufmärschen im Kern mit dem hohen Rechtsgut der Versammlungsfreiheit begründet. Behördliche Maßnahmen müssten sich primär gegen die Störer einer genehmigten und friedlichen Versammlung richten. Stadt und Polizei müssten ihr Trennungskonzept konsequent durchsetzen.

„Leider verkennt das Gericht erneut das Grundrecht auf Gegendemonstrationen in Sicht- und Hörweite“, erklärte der Jurist und Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi (Grüne). Der Deutsche Gewerkschaftsbund Sachsen protestierte gegen die Verlegung ihrer bereits genehmigten Mahnwache auf die andere Elbseite. „Niemals werden wir eine Einschränkung unserer demokratischen Rechte hinnehmen“, sagte die DGB-Chefin Iris Kloppich. Der DGB prüft, gegen den Entscheid vorzugehen. Abgesagt ist zudem die Veranstaltung der TU Dresden "Unser Campus" im Zeichen von Toleranz.

Neben der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) hatten zwei Privatleute Versammlungen der Rechten angemeldet. Zwischenzeitlich lag auch eine Anmeldung der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten vor. Laut NPD wurde die aber Anfang Februar zurückgezogen. Die Stadt Dresden hatte aus Sicherheitsgründen die drei Versammlungen der Rechten zu einer Kundgebung in Dresden-Cotta ohne Marsch zusammengelegt und dafür einen Versammlungsleiter ernannt. Dagegen gingen die Rechtsextremen erfolgreich juristisch vor. (dpa/szo/dapd)

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